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Früher war alles besser

Früher war alles besser - so, oder so ähnlich hört man sie immer wieder schreien. Damals, als die Haare noch lang waren, die Musik noch heavy, die Mädels willig und das Bier noch kühl. Als das Wacken noch klein war und das Leben noch vor uns lag.

Doch springen wir noch weiter zurück. In eine Zeit, die noch früher einzuordnen ist, in der folglich alles noch besser war als in den goldenen Achtzigern - das Mittelalter. Wer von uns wünscht sich nicht, in dieser Zeit geboren zu sein, als jeder sein eigener Held war, morgens nach dem Aufstehen seinen täglichen Drachen erlegen konnte und man sich die Frauen, die man in seinem Schloß leben ließ, aussuchen durfte. Vorteilhaft waren sicherlich auch die Pferde, die mit einem Bündel Heu am Tag auskamen, anstatt auf hundert Kilometern satte 8 Liter Benzin zu schlucken. Wer von uns wünscht sich nicht, zu seiner strahlenden Klinge greifen zu können, um an den Mördern seiner Eltern Selbstjustiz ergreifen zu können oder das kleine Dorf, welches soeben niedergebrannt wurde, zu rächen.

Natürlich kann man das Mittelalter nur bedingt mit den goldenen Achtzigern gleichsetzen, doch irgendwie trifft der Vergleich wie ich finde ziemlich genau ins Schwarze. Erinnert man sich zurück, bleiben meist nur die positiven Dinge in Erinnerung, das Schlechte wird verdrängt, das Belanglose vergessen. Nein, ich möchte Euch nichts absprechen, es waren tolle Zeiten. Ich gönne Euch Eure Erinnerungen an damals, Euer erstes Iron Maiden Konzert mit Paul DiAnno am Mikrofon. Auch ich habe meine Erinnerungen, die ich um nichts in der Welt hergeben würde. Unbestritten wurden zu jener Zeit eine Reihe erstklassiger Alben geschrieben, für die Dein Leben und auch das meine niemals ausreichen werden, ihnen so viel Zeit zu widmen, um ihnen wirklich gerecht zu werden. Und mit Sicherheit war auch das Wacken Open Air bei seinen Anfängen zu Beginn der Neunziger eine schöne Zeit, als es noch vor ein paar Hundert Zuschauern in der kleinen Senke neben dem heutigen Gelände stattfand. Von mir aus kann es wieder so sein wie früher. Doch solltet Ihr Euch dann auch nicht wundern, wenn gerade IHR es seid, die beim nächsten Wacken ihr Zelt vor dem kleinen Edeka am Ortsausgang aufbauen können, weil mit 500 Leuten leider schon die kleine Senke voll belegt ist.

(Dennis, 24.9.2002)

Nachtrag: Diesen Text schrieb ich vor allem als Reaktion auf die Rufe, die nach dem Wacken Open Air 2002 laut wurden, bezieht sich aber nicht nur auf das Festival selbst. Nicht, daß Ihr mich falsch versteht, nur ein Blinder kann die Kommerzialisierung beim Wacken genauso wie im übrigen Musikgeschäft übersehen. Doch sollte man sowohl im Falle unseres Lieblings-Open-Airs, als auch in sämtlichen anderen Belangen immer erst darüber nachdenken, was genau man eigentlich haben möchte, bevor man beginnt, blind nach alten Zeiten zu schreien.

   
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