Dolorian - Dolorian |
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Metalspheres Info-Box |
Genre |
Psychedelic / Avantgarde Doom |
Label | Wounded Love Records | Jahr | 2001 |
Rezensent |
Doomson |
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In den letzten Tagen ergriff mich pl�tzlich ein unerkl�rlicher Drang, eine Rezension zu diesem Album zu verfassen, wohl wissend, dass ich mich selbst damit vor eine nicht ganz leichte Aufgabe stellen w�rde. Doch da mein Kopf mich nunmehr st�ndig mit entsprechenden S�tzen und Umschreibungen �berflutet und mir damit keine Ruhe l�sst, muss ich dem Drang jetzt nachgeben. Ich entschuldige mich im Voraus daf�r, dass ich wom�glich auf umst�ndliche und pseudo-elit�r anmutende Formulierungen zur�ckgreifen muss; ich versuche nicht, den akribischen Analytiker oder schw�rmenden Poeten zu spielen, sondern versuche lediglich, meine Gedanken und Gef�hle zu diesem Meisterst�ck angemessen wiederzugeben.
Wie l�sst sich ein Album beschreiben oder gar bewerten, das so konsequent und scheinbar mit der Leichtigkeit einer kleinen Handbewegung jede Spur musikalischer Popkultur austilgt, sich so beinahe s�mtlichen g�ngigen Genre-Begriffen entzieht und dabei trotzdem durch und durch nat�rlich, unforciert und aus einem Guss pr�sentiert? "Dolorian" f�hrt weder geballte H�rte auf, noch gibt es hier locker-flockige Entspannugskl�nge; weder st��t man auf frontales Gerocke, noch auf balladeske Theatralik; die Band nimmt sich nicht die Freiheit entstellender Atonalit�t heraus, greift aber ebenso wenig auf g�ngige Harmonieverl�ufe oder Melodief�hrungen mit Hitpotenzial zur�ck; die Musik lebt von �sthetisierter Monotonie und Tristesse und liefert doch einen Aha-Effekt nach dem anderen.
Vielerorts werden Dolorian der Doom-Szene zugerechnet ? ein mehr als vager Bezug, welcher der Eigenst�ndigkeit dieser damals drei, heutzutage nur noch zwei Finnen kaum gerecht werden kann. Denn ganz abgesehen von der klaren stilistischen Abgrenzung signalisieren selbst die meisten Doom Metal-Formationen, die sich au�erhalb der extremsten Enden von Funeral, Drone und Sludge bewegen, dass die letzte Hoffnung noch nicht g�nzlich aufgegeben ist: Unerf�llte Sehns�chte und ein letzter verzweifelter Hilfeschrei schimmern bei genauerer Betrachtung in den destruktiven Klanggebilden durch.
Diejenigen, die schwelgerisch-romantisierte Melancholie mit Depression gleichsetzen und infolgedessen My Dying Bride als depressiv oder gar anstrengend empfinden, werden somit bei Dolorian eines besseren belehrt, denn hier ist die letzte Sehnsucht als abwegiges Ideal entlarvt und der letzte Hilfeschrei verhallt; was bleibt ist ein schweigendes, fast unsichtbares Wesen, weit stiller als das sprichw�rtliche stille Wasser, versunken in antriebsloser, starrender Apathie ? eine Apathie, welche dieses, das zweite Dolorian-Album bis ins Mark verk�rpert.
Und doch gelingt hier eine erstaunliche Ambivalenz: Die wei�e Flagge, die auf einem schwarzen H�ufchen Elend gehisst wird, thront fast majest�tisch �ber demselben und verk�ndet nicht nur die bedingungslose Resignation, sondern markiert zugleich einen vollkommen gereinigten Bewusstseinszustand. Denn derart befreit von eindiktierten Idealen und von einem sch�tzenden Kokon umgeben, der die Kontamination durch den Identit�ten ausl�schenden Schmutz und Abschaum der Gesellschaft verhindert, wird dem Individuum die T�r zur Selbsterkenntnis ge�ffnet, und zwar auf einer g�nzlich introspektiven und essentiellen Ebene. Die Musik wird zum Refugium, das dem aufgeschlossenen H�rer ein St�ck heilsamen Eskapismus gew�hrt. Erst nachdem dieser Schritt getan ist, werden dem Ich auf dem Nachfolgealbum "Voidwards" schlie�lich gar die transzendenten Wege zu anderen, wom�glich h�heren Bewusstseinsebenen aufgezeigt, so man diese denn entdecken will.
Ambivalenz vermitteln auch die Texte, die nur in Ausschnitten und teils gar spiegelverkehrt in dem schlicht gestalteten Faltcover abgedruckt sind (ein Gro�teil der Texte f�r die ersten beiden Dolorian-Alben wurde von der Band nicht ver�ffentlicht, da diese nach eigenen Angaben zu pers�nliche Inhalte behandeln). "you culmination of vermins i don?t need you mornings will never touch me again". Wo zwei so grundverschiedene S�tze in einem Atemzug und ohne Trennzeichen aufgef�hrt werden, ist die Aussage klar und deutlich: Eine kritische, ja gar von Verachtung erf�llte Haltung zum sozialen Umfeld zeugt nicht notwendigerweise von Arroganz und Narzissmus, sondern wird dem Menschen durch das feindselige und ablehnende Verhalten anderer geradezu aufgezwungen und treibt ihn in seiner Unverstandenheit in die trostloseste Isolation.
Text und Musik sind dementsprechend v�llig im Einklang. Auch und besonders die Art, in der die Worte rezitiert werden, unterstreicht dieses konsequente Konzept. W�hrend der gesamten Spielzeit wird keine einzige Note gesungen. Auch die schwarzmetallischen Stimmeruptionen, die auf dem Debut "When All The Laughter Has Gone" der tiefen Verachtung f�r die Intoleranz und blinde Oberfl�chlichkeit gesellschaftlich angepasster Menschen und dem zerst�rerischen Selbsthass des Isolierten gleicherma�en Luft machten, sind hier restlos verschwunden. Nur ein kraftloses Fl�stern quillt noch wie ein Strom entmutigter Gedanken aus einer schwammigen Tiefe empor.
Nun wei� der geneigte Leser, der nicht schon l�ngst festgestellt hat, dass dieses Album nichts f�r ihn sein wird, noch immer nicht so recht, wie die eigentliche Musik klingt. Ich k�nnte von den allgegenw�rtigen gezupften Gitarrenarrangements sprechen, deren weicher und oft mit diffusen Halleffekten belegter Sound faszinierende Klangteppiche webt; ich k�nnte anmerken, dass selbst die gelegentlichen metallisch verzerrten Riffs, die sich z�h und teils doomig in die Kompositionen schleichen, keinerlei Aggression transportieren, somit keinen Ausbruch aus der resignierten Stimmung schaffen: Kein Headbangen, keine Luftgitarre, kein Mitgr�len. Ich k�nnte dar�ber hinaus feststellen, dass das Schlagzeug v�llig entspannt und unmetallisch klingt und manchmal etwas groovige Akzente setzt, ohne dabei rockig zu wirken. Ich k�nnte die minimalistischen Dark Ambient-Interludes erw�hnen, die manche St�cke miteinander verkn�pfen, das Album einleiten und auch wieder ausklingen lassen, und im Zuge dessen w�rde ich dann auch die vier Kompositionen "Blue Unknown", "Hidden / Rising", "Numb Lava" und "Seclusion" als Kernst�cke des Albums herausstellen. Ich k�nnte auch sagen, dass der Anspieltipp f�r dieses Album nur das Album selbst sein kann, da es als Gesamtkunstwerk betrachtet und angeh�rt werden sollte (es gibt nicht einmal Pausen zwischen den Tracks). Sollte ich unbedingt Kritikpunkte nennen, so fiele mir allenfalls ein, dass sich das ganz ohne Distortion auskommende "Cold / Colourless" ein wenig in die L�nge zieht, was aber f�r den, der sich von der hypnotischen Wirkung des Albums fesseln l�sst, nicht negativ ins Gewicht f�llt.
Aber all das w�rde nichts daran �ndern, dass man sich Klangbild und Atmosph�re von "Dolorian" kaum anhand von Beschreibungen wird vorstellen k�nnen sondern schlicht selbst erleben muss, und auch dann darf man keine prompte Begeisterung erwarten, da man sich in dieser unerschlossenen Welt erst einmal zurechtfinden muss. Am Rande sei noch angemerkt, dass die glasklare Produktion f�r uneingeschr�nkten H�rgenuss sorgt. Nur ein sehr enger Publikumskreis wird dieses St�ck Musik wertsch�tzen k�nnen; doch jedem, dessen Interesse nun geweckt ist, sei gesagt, dass es hier eine Perle zu entdecken gibt wie man sie kein zweites Mal findet. Seit ich dieses Album kennen und lieben gelernt habe, erscheinen mir die meisten anderen Bands �berholt, seien sie auch noch so gut. Dies ist kein Doom-Album, nicht einmal ein Metal-Album, kein Album f�r den typischen Freund d�sterer Musik. Dies ist schlichtweg Dolorian.
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